IG Metall Jugend und DGB fordern BAföG-Reform

Seit nunmehr 50 Jahren haben junge Menschen die Möglichkeit, BAföG zu beziehen und sich dadurch ihren Bildungsweg zu finanzieren – unabhängig vom Kontostand der Eltern. Doch das BAföG wird längst nicht mehr seinem Anspruch gerecht. Wir erklären, wie eine BAföG-Reform aussehen soll.

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Im Jahr 1971 führte die damalige Bundesregierung unter Kanzler Willy Brandt das sogenannte Bundesausbildungsförderungsgesetz ein – kurz: BAföG. Ziel war es, dass auch mehr junge Menschen aus einkommensschwächeren Familien die Möglichkeit haben sollten, sich Studium, Schule oder eine Ausbildung zu finanzieren.

BAföG verfehlt sein Ziel

Doch das Gesetz bröckelt seit Langem – und verfehlt immer stärker sein Ziel, Chancengerechtigkeit in der Bildung zu ermöglichen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Anspruchsvoraussetzungen für das BAföG immer weiter eingeschränkt. Erhielten 1980 noch fast 800 000 Schülerinnen und Schüler BAföG, waren es 2019 noch gerade einmal 118 000. Ähnlich sieht es bei den Studierenden aus: Nur noch elf Prozent aller Studiereden beziehen aktuell BAföG. Zum Vergleich: 1972 förderte die Bundesregierung noch 44,6 % aller Studierenden.

Das BAföG erreicht somit kaum noch die untere Mittelschicht der Gesellschaft, sondern nur noch Familien an der Armutsgrenze – mit der Folge, dass Kinder aus Familien ohne akademischen Hintergrund seltener auf die Universität oder das Gymnasium gehen.

Die IG Metall Jugend möchte das ändern. Melanie Schneider koordiniert die Studierendenarbeit beim IG Metall Vorstand und hat die Forderungen einer BAföG-Reform mitentwickelt. Für sie steht fest: „In der Corona-Krise ist noch mal mehr deutlich geworden, was schon lange klar war: So kann es mit dem BAföG nicht weiter gehen. Gemeinsam mit dem DGB fordern wir deshalb ein BAföG auf der Höhe der Zeit.“

BAföG-Reform: So soll sie aussehen

Wenn es nach IG Metall Jugend und DGB geht, soll das BAföG künftig nach einem zweistufigen Modell funktionieren. Im Zentrum stehen dabei zwei Sockelbeträge:

  • Eine BAföG-Grundförderung von 257 Euro, die alle jungen Menschen bis 25 Jahre beziehen – unabhängig davon, ob sie bei ihren Eltern wohnen oder nicht oder ob sie eine schulische Ausbildung oder ein Studium absolvieren. Die Grundförderung kann ab der zehnten Schulklasse bezogen werden.
  • Das BAföG selbst, das an alle förderfähigen jungen Menschen ausgezahlt wird. Dazu sollen Studierende, Auszubildende (berufsqualifizierender schulischer Abschluss) und Schülerinnen und Schüler gehören. Das BAföG wird auf die Grundförderung draufgezahlt und nicht mit ihr verrechnet.

Allein die Einführung einer Grundförderung reicht aber noch nicht. Die Lebenshaltungskosten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, der Regelbedarf des BAföG hinkt dieser Entwicklung hinterher und reicht daher für viele BAföG-Beziehende nicht mehr aus.

IG Metall Jugend und DGB fordern, dass die Regelbedarfe den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden: Studierende, Auszubildende und Schülerinnen und Schüler des Zweites Bildungswegs sollen künftig 577 Euro als Regelbedarf beziehen – eine satte Erhöhung um 150 Euro. Ebenso soll der Regelbedarf für Schülerinnen und Schüler auf 397 Euro angehoben werden.

Und: Fällt mit der Vollendung des 25. Lebensjahres die Grundförderung weg, sollen BAföG-Berechtigte den jeweiligen Betrag auch danach noch beziehen.

Zugang zu BAföG wieder erleichtern

Der Anspruch auf BAföG darf sich nicht ausschließlich auf Familien an der Armutsgrenze beschränken: Auch junge Menschen aus der unteren Mittelschicht sollen wieder vermehrt BAföG beziehen können. „Die Bedingungen für die Förderung entsprechen längst nicht mehr der Realität“, sagt Melanie Schneider. „Die Mieten und Lebenshaltungskosten steigen und Abschlüsse in Regelstudienzeit sind fast nicht machbar, wenn Studierende Nebenjobs annehmen müssen, um ihre Grundbedürfnisse finanzieren zu können.“ Um den Zugang zum BAföG wieder zu erleichtern, muss sich der Elternfreibetrag von 1890 auf 2340 Euro erhöhen und anschließend regelmäßig angepasst werden.

Bezugsdauer beim BAföG anheben

Studierende brauchen Sicherheit, wenn sie BAföG beziehen – auch wenn das Studium mal ein Semester länger dauert. Bei der Fülle an Prüfungen und Praktika ist das schnell passiert: Im Jahr 2019 hat nur ca. ein Drittel aller Studierenden ihr Studium in Regelstudienzeit abgeschlossen. Das BAföG berücksichtigt diesen Trend schon seit Langem nicht mehr. Deshalb fordert IG Metall Jugend eine pauschale Verlängerung der Förderungshöchstdauer um zwei Semester. Studierende, die BAföG beziehen, sollen nicht ausgerechnet in den entscheidenden Semestern finanziell bangen müssen.