BETRIEBSRATSWAHLEN 2022

KEINE ANGST VOR RECHTEN PAROLEN

08.02.2022 | Vom 1.März bis zum 31. Mai 2022 finden in ganz Deutschland Betriebsratswahlen statt. Bei den letzten Betriebsratswahlen 2018 haben dabei rechte Betriebsratslisten versucht zu punkten, hatten bei ihren Bemühungen um Einflussnahme auf die Arbeitnehmer*innen jedoch nur überschaubaren Erfolg. Wir wollen, dass das so bleibt.

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Leider nehmen die Versuche der rechten Bewegungen zur politischen Einflussnahme in Politik und Gesellschaft auch in betrieblichen Kontexten zu. Dies gilt auch für die bundesweiten Betriebs- und Personalratswahlen zwischen März und Mai 2022. In zehntausenden Betrieben wählen die Beschäftigten ihre Vertreterinnen und Vertreter in den Betriebsrat. Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer*innen gegenüber Arbeitgebern – und sorgt für Mitbestimmung und Demokratie im Betrieb. Neben der konkreten Gestaltung von Arbeitsbedingungen obliegt es Betriebsräten auch, das politische Klima im Betrieb mitzugestalten.

Auch die Arbeitswelt ist nicht frei von gesellschaftlichen Konflikten. Rassistische Äußerungen, Fremdenfeindlichkeit, und andere rechte Positionen finden sich auch bei Mitarbeiter*innen und Gewerkschaftsmitgliedern wieder. Rassismus am Arbeitsplatz gab schon vor den Wahlerfolgen der AfD oder dem Auftauchen der vom thüringischen Verfassungsschutz rechtsextrem eingeschätzten Pseudogewerkschaft „Zentrum Automobil“. Problematisch sind die sich aktuell überlagernden politischen Konfliktlinien. So wird die von rechten Bewegungen besetzte Abstiegsangst des Industriestandorts Deutschlands im Zuge der ökologischen Transformation (Stichwort: „der Diesel gehört zu Deutschland“) zum Beispiel mit Themen der Corona-Pandemie vermischt. Das Zentrum Automobil versucht auch mit solchen Themen zu punkten und sich als widerständige, nicht korrupte und „echte“ Gewerkschaft zu stilisieren.

Doch wie kann man solche Positionen erkennen, wie kann man Hilfe organisieren, wenn rechtextreme Positionen im Betrieb aufkommen? Deutlich ist, dass es für das Erkennen rechtsextremer Positionen keine einheitliche Definition gibt. Wichtige Anhaltspunkte sind aber unter anderem das generelle Ablehnen demokratischer Werte, die Verharmlosung und der häufige Vergleich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, eine chauvinistische Weltanschauung, das erzählen von einfachen Verschwörungsmythen und die Verwendung einfacher Feindbilder. Wenn etwa Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Herkunft abgewertet werden. Wenn „von denen da oben“ die Rede ist. Wenn behauptet wird, dass „Gewerkschafter mit Bankern und der Konzernführung unter einer Decke stecken um dem Standort Deutschland zu schaden“. Dann befindet man sich im Kontext stammtischartig verkürzter, rechter Erzählungen.

Nicht immer ist es möglich, solchen Positionen direkt entgegenzutreten. Oft, weil man selbst unsicher ist, wie man in solchen Kontexten klug agieren kann. Direkt kontra zu geben braucht Mut und einen langen Atem. Für komplexe Sachverhalte gibt es keine einfachen Antworten. Wer aber Hilfe benötigt, in solchen Kontexten souveräner zu agieren, findet bei den Gewerkschaften Hilfe in Form von Bildungsangeboten. Mit dem Verein „Aufstehen gegen Rassismus“ organisieren wir zum Beispiel Bildungsangebote um in alltäglichen Situationen gegen rechte Parolen zu bestehen.

Neben diesem individuellen Engagement gibt es auch gesetzliche Grundlagen, die Arbeitnehmer*innen schützen und präventive Maßnahmen gegen rechte Tendenzen ermöglichen. Das Allgemein Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ermöglicht Arbeitgeber*innen Schutzmaßnahmen gegen Diskriminierung zu ergreifen oder Sanktionen bis hin zur Kündigung aussprechen, wenn ein Fall von Benachteiligung vorliegt. Kollegen*innen, die sich gegen Benachteiligungen einsetzen können auf Grundlage des AGG nicht maßgeregelt werden.

Auch der Betriebsrat hat Möglichkeiten, gegen rechte Tendenzen im Betrieb vorzugehen. Bei fremdenfeindlichen und rassistischen Äußerungen kann der Betriebsrat unter anderem die Kündigung der entsprechenden Arbeitnehmer*innen verlangen, da der Betriebsfrieden ernstlich gestört wäre. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört laut Betriebsverfassungsgesetz zudem nicht nur in Fällen von Benachteiligungen zu handeln, sondern auch präventive Maßnahmen für ein gutes Miteinander der Beschäftigten zu ergreifen.

Für die kommende Betriebsratswahl ist es wichtig, sich mit den Kandidat*innen vertraut zu machen, die Programme zu lesen und sorgfältig zu prüfen. Mit der Wahl selbst nimmt man Teil an demokratische Prozesse und hat ein Stück weit in der Hand, seine eigene Arbeitsumgebung zu gestalten. Eine hohe Wahlbeteiligung wird auch deutlich machen: die Mehrheit der Beschäftigten fällt nicht rein auf einfache rechte Parolen.