12.04.2022 | Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat Anfang des Jahres einen Entwurf für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz vorgelegt. Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, gibt Auskunft über die Ziele und Inhalte des Entwurfs.
Im digitalen Zeitalter ist es dringend erforderlich die Beschäftigten auch im Arbeitsleben vor Datenmissbrauch zu schützen und ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren. Darum haben der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften einen Entwurf für ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz vorgelegt. Über die Ziele und Inhalte des Entwurfs gibt Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, Auskunft.
Hans-Jürgen Urban: Es braucht ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz, weil weder die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) noch das Bundesdatenschutzgesetz den besonderen Gegebenheiten der Arbeitswelt ausreichend Rechnung tragen. Auf europäischer Ebene ist das Bedürfnis für spezifischere Regelungen für den Beschäftigungskontext auch gesehen worden, weshalb die DSGVO in Artikel 88 ausdrücklich die Möglichkeit aufzeigt, genau dies auf der nationalen Ebene zu regeln.
Urban: Weil der Gesetzgeber mit Paragraf 26 BDSG der Praxis in den Betrieben keine greifbare Orientierung gibt. Wer beispielsweise wissen möchte, ob der Arbeitgeber in einem Stellenbesetzungsverfahren die Bewerberinnen und Bewerber danach fragen darf, wie ihre Familienplanung aussieht, wird im Gesetz nicht fündig. Dasselbe gilt übrigens, wenn Beschäftigte Klarheit darüber gewinnen wollen, ob es rechtmäßig ist, dass sie ohne ihr Wissen durch eine versteckt angebrachte Videokamera überwacht wurden. Anhaltspunkte zu diesen Fragen lassen sich allein der Rechtsprechung entnehmen.
Urban: Einfache Antwort: Ja! In Paragraf 13 Absatz 4 Nummer 2 des DGB-Entwurfs wird geregelt, dass etwa in der Bewerbungsphase direkte oder indirekte Fragen zur Familienplanung unzulässig sind und in Paragraf 23 Absatz 4 Satz 2 des Entwurfs steht, dass heimliche Videoüberwachungen nicht erlaubt sind. Das sind klare Regelungen, die für alle nachvollziehbar sind und zudem die Stellung der Beschäftigten stärken.
Urban: Niemand behauptet ernsthaft, dass es möglich ist, sämtliche in der Praxis jetzt und in Zukunft auftretenden Fragestellungen konkret zu regeln. Aber zwischen einer gesetzlichen Grundlage auf dem Niveau einer Generalklausel, wie sie heute Paragraf 26 BDSG bietet, und einer Regelung jedes denkbaren Einzelfalls liegt ein weites Feld. Der DGB-Entwurf positioniert sich hier sehr gelungen, indem er eine Vielzahl relevanter Sachverhalte konkret regelt und zur Beurteilung noch unbekannter Sachverhalte abstrakte, aber deutliche Vorgaben macht. Ich bin überzeugt, damit kann man in der Praxis gut arbeiten.
Urban: Die Politik ist am Zug. Schon in der Gesetzesbegründung zum heutigen Paragraf 26 BDSG wurde angekündigt, weitere Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz zu schaffen. Diese Aussage findet sich auch im aktuellen Koalitionsvertrag wieder. Auf die langjährigen Diskussionen bereits vor Inkrafttreten der DSGVO und des neuen BDSG will ich an dieser Stelle gar nicht mehr eingehen.
Unser Vorschlag liegt auf dem Tisch, womit wir die Bedeutung unterstreichen, die eine interessengerechte Ausgestaltung des Themas Beschäftigtendatenschutz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat.