FAQ | Ausbildungsintegrierte dual Studierende

Was ist ein ausbildungsintegriertes duales Studium?

Bei einem ausbildungsintegrierten dualen Studium wird ein Doppelabschluss erreicht: so hat man am Ende nicht nur einen von der Industrie- und Handelskammer (IHK) bzw. Handwerksordnung (HwO) anerkannten Berufsabschluss, sondern auch einen Hochschulabschluss in der Tasche. Hauptanbieter sind die "Hochschulen für angewandte Wissenschaften" (HAW), vormals Fachhochschulen genannt. Zwölf dieser HAWs haben sich zu der landesweiten Initiative "HochschulePlus" zusammengeschlossen und bieten das ausbildungsintegrierte duale Studium als Konkurrenzmodell zum praxisintegrierten dualen Studium an, welches überwiegend von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) angeboten wird.

Wie ist das ausbildungsintegrierte duale Studium reguliert?

Charakteristisch für das ausbildungsintegrierte duale Studium ist, dass die dual Studierenden bzw. Auszubildenden mit ihrem Betrieb einen Ausbildungsvertrag zunächst für den gesamten Zeitraum der Ausbildung abschließen. Diese Verträge unterliegen den Bestimmungen des BBiG bzw. der HWO und insofern sind die dual Studierenden den normalen Auszubildenden vertraglich gleichgestellt. Ebenfalls gelten damit für sie alle tariflichen Bestimmungen im Unternehmen, die sich auf die berufliche Ausbildung beziehen sowie die in den Betrieben gültigen Ausbildungsrahmenpläne nach Vorgaben der Kammern.

In diesen Ausbildungsverträgen kann, neben der Vergütung und der Festlegung der Arbeits- und Urlaubszeiten, auch die Zeitplanung des Studiums geregelt werden. Zeiträume für verbindliche Praxisphasen einerseits sowie die Festlegung von Freistellungen für das Studium an der Hochschule andererseits werden hier festgehalten. Darüber hinaus werden die Fragen nach Kostenübernahme (z. B. Büchergeld) geregelt sowie solche zu möglichen Rückzahlungsmodalitäten, verbunden mit Verpflichtungen, nach dem Studienabschluss eine definierte Zeit zu verbleiben.

In der Regel werden die beruflichen Abschlüsse bereits nach 2 bis 2,5 Jahren erworben und der Bachelorabschluss erst nach 4 bis 5 Jahren, sodass nach dem Ende der beruflichen Ausbildung der entsprechende Vertrag nicht mehr gültig ist und eine Anschlussvereinbarung zur Regulierung der übrigen Zeit im dualen Studium notwendig wird. Gelten während der Ausbildungszeit gesetzliche, betriebliche und tarifliche Vorgaben, so werden die Bedingungen während der Studienzeit frei zwischen Unternehmen und Studierender/m verhandelt. Ausbildungsintegrierte dual Studierenden haben damit nach dem Berufsabschluss rechtlich den Status von Studierenden im praxisintegrierenden dualen Studium.

An einigen Hochschulen ist der Abschluss eines Zusatzvertrags, der zwischen dem/der Studierenden und dem jeweiligen Betrieb geschlossen wurde, verpflichtend oder es werden dazu Musterverträge in einer empfehlenden Form vorgegeben. So hat die Initiative "Hochschule Plus" in Zusammenarbeit mit der IHK  ein solches empfehlendes Muster mit der Bezeichnung "Bildungsvertrag Verbundstudium" entworfen, der in Ergänzung zum jeweiligen Berufsausbildungsvertrag zwischen Studierendem/r und Betrieb abgeschlossen werden soll. Anders als der Studienvertrag bei der DHBW, muss speziell dieses Muster aber nicht zwingend angewendet werden und jede Hochschule hat trotz dieses gemeinsamen Vorgehens jeweils spezifische Studienmodelle entwickelt.

Fazit: Ab dem Moment, an dem die berufliche Ausbildung abgeschlossen wird, kann eine unregulierte Phase des ausbildungsintegrierten dualen Studiums eintreten. Erhebliche Unterschiede in der Ausbildungsqualität und den -bedingungen sind dann mögliche Folgen. Auf betrieblicher Ebene können daher Tarifverträge die Praxisphase des dualen Studiums maßgeblich verbessern.

Wie ist der Studienverlauf und die Verzahnung der Lerninhalte gestaltet?

Das ausbildungsintegrierte duale Studiums ist geprägt von einer Vielzahl an unterschiedlichen Studienmodellen, was Auswirkung auf den Studienverlauf und die Verzahnung der Lerninhalte hat.

Modell 1

Am verbreitetsten ist ein Studienmodell  beginnend mit einer vorgeschalteten Phase der beruflichen Ausbildung, gefolgt von einer Phase, in der die beiden Ausbildungswege parallel oder im besten Fall verzahnt ablaufen und zum Abschluss liegt der Fokus auf dem Studium. Charakteristisch ist die Beteiligung von drei Lernorten: Betrieb, Hochschule und Berufsschule (teilweise auch mit eigenen Klassen). Eine Verzahnung der Lerninhalte ist nur bedingt möglich, da ein (unterschiedlich umfangreicher) Teil der betrieblich-beruflichen Ausbildung bereits vorgelagert erfolgt.

Modell 2

Ein weiteres Modell ist dadurch gekennzeichnet, dass zunächst für einen Zeitraum von drei Jahren die berufliche Ausbildung und das Studium parallel absolviert werden, im Semester wird an der Hochschule gelernt und in der vorlesungsfreien Zeit im Betrieb. Dies ermöglicht zumindest potenziell ein hohes Maß an Kooperation zwischen den Lernorten und einer Verzahnung der Lerninhalte. Diese Phase wird mit einem beruflichen Abschluss beendet. Daran schließt sich ein weiteres Jahr in der Hochschule zum Studium an, welches mit einem Bachelorabschluss endet.

Modell 3

Ebenfalls die Möglichkeit einer guten Verzahnung für den Zeitraum von zwei Jahren, in dem die betrieblich-berufliche sowie die hochschulische Ausbildung von den Studierenden parallel absolviert werden, bietet das folgende Studienmodell 3. Das Besondere liegt im Vergleich zu dem oben vorgestellten Modell in der Verteilung der Lernzeiten, diese werden innerhalb einer Woche zwischen den Lernorten ständig gewechselt. Gelernt wird z. B. jeweils Montag- und Dienstagvormittag in der Berufsschule und an den Nachmittagen in der Hochschule, die verbleibenden 3 Tage der Woche jeweils im Betrieb. Der gemeinsamen Lernphase schließen sich weitere fünf Semester Studium an, eines davon ein Praxissemester, wobei in der letzten Phase wieder eine Verzahnung der Lerninhalte gegeben ist.

Modell 4

Wenig bis keine Möglichkeit zur Verzahnung der Lerninhalte und des wechselseitigen Austausches zwischen den beteiligten Lernorten bietet das letzte hier vorgestellte ausbildungs-integrierende Studienmodell 4. Es ist dadurch charakterisiert, dass die beiden Lernelemente in Vollzeit hintereinander absolviert werden, d. h. zunächst erfolgt eine Ausbildung im Betrieb mit einer Länge von 2,5 Jahren mit dem Ziel, einen beruflichen Abschluss zu erwerben. Der akademische Abschluss steht dann am Ende eines sich anschließenden 6-semestrigen Studiums an der Hochschule.

Wie ist die Ausbildungsqualität?

Gelten während der „Ausbildungszeit“ gesetzliche und tarifliche Vorgaben, so werden die Bedingungen während der „Studienzeit“ in den meisten Fällen frei zwischen Unternehmen und Studierender/m verhandelt (siehe: Regulierung). Dies hat unmittelbare Auswirkung auf die Ausbildungqualität, denn unsere Untersuchung zeigt: es ist ein erhebliches Gefälle mit Blick auf Qualitätsstandards, (Beteiligungs-)Rechte sowie materielle Grundlagen in der Fläche festzustellen. Die Zusatz- oder Musterverträge der Hochschulen sind an vielen Stellen unzureichend oder gehen teilweise zu Lasten der Studierenden.

Anderes gilt, wenn ausbildungsintegrierte dual Studierende in einem tarifgebundenem Unternehmen ihr Studium absolvieren und im Geltungsbereich eines Tarifvertrages aufgenommen wurden (siehe: Tarifverträge). Denn Tarifverträge geben uns die Möglichkeit, für gute Lern- und Lebensbedingungen zu sorgen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Tarifdynamische Vergütungen und Anspruch auf Sonderzahlungen
  • Anzahl der Urlaubstage
  • Verbindliche Vereinbarungen zur Übernahme
  • Bereitstellung von modernen Lehr- und Lernmitteln
  • Fahrtkostenregelungen
  • Übernahme der Studiengebühren
  • Ablehnung von Rückzahlungsklauseln
  • Maßnahmen zur Begrenzung der Kostenbelastung durch doppelte Wohnsitze

Welche Interessenvertretung ist zuständig?

Unabhängig vom genauen Modell gilt: Dual Studierende sind Arbeitnehmer*innen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Dadurch sind Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretungen für die Interessenvertretung zuständig.

Welche Rechte haben dual Studierende bei Wahlen?

Dual Studierende haben ein aktives Wahlrecht für die Wahl des Betriebsrates nach § 7 BetrVG. Nachdem sie sechs Monate ihres dualen Studiums absolviert haben, können sie gemäß § 8 BetrVG selbst für die Betriebsratswahlen kandidieren.

Bei den JAV-Wahlen sind dual Studierende aufgrund ihres besonderen Ausbildungsverhältnisses gemäß § 61 Abs. 1 BetrVG wahlberechtigt. Sofern sie die in § 61 Abs. 2 BetrVG vorgegebenen Bedingungen erfüllen, besitzen dual Studierende auch das passive Wahlrecht.

Dual Studierende als Mitglieder in der JAV bieten die große Chance, die Interessenschwerpunkte dieser Gruppe leichter zu identifizieren und vertreten zu können.

Wann gelten Betriebsvereinbarung und Tarifverträge?

Für dual Studierende in ausbildungsintegrierenden Studiengängen gelten bis zum Abschluss ihrer dualen Berufsausbildung nach BBiG oder Handwerksordnung
alle gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Regelungen, nach denen auch die Auszubildenden behandelt werden. Nach dem Berufsabschluss haben sie rechtlich den Status von Studierenden im praxisintegrierenden dualen Studium. Damit gelten für sie Betriebsvereinbarungen immer dann, wenn dual Studierende nicht ausdrücklich aus dem Geltungsbereich ausgeschlossen sind.

Tarifverträge gelten unmittelbar und zwingend für dual Studierende, wenn (1) dual Studierende ausdrücklich vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst sind und (2) die dual Studierenden in der abschließenden Gewerkschaft organisiert sind und der Betrieb tarifgebunden ist.

Ausdrücklich bedeutet: Je nachdem, wie der persönliche Geltungbereich des Tarifvetrags formuliert wurde, kann es sein, dass entweder alle dual Studierenden aufgenommen wurden oder nur ein bestimmtes Modell (ausbildungs- oder praxisintegriert).

Welche Tarifverträge gelten?

Ausbildungsintegrierte dual Studierende sind im Geltungsbereich aufgenommen: